Der Freizeitgärtner (Rechtsstand: März 2019)
Ein Fall aus der Praxis:
J, gelegentlicher Konsument von Cannabis, hat ein „grünen Daumen“. Pflanzen und ihre Pflege sind sein einziges Hobby, dem er leidenschaftlich und erfolgreich nachgeht.
J überlegt sich, dass es erheblich zu risikoreich ist, sich Cannabis auf dem freien Markt zu besorgen. Aus Holland hat er einige Samen importiert, mit denen er seinen Eigenbedarf decken will. Er beschließt, sein Glück mal mit dem Anbau von Cannabispflanzen zu versuchen. Eigentlich ist es ja löblich: Die Beschäftigung Pflanzen beruhigt die Nerven, man hält sich von Dealern fern und ein hübscher Anblick sind die bald wuchernden Pflanzen allemal. Was J nicht ahnt, ist, dass er alsbald mit dem Gesetz in Konflikt geraten wird.
Ein Hausbewohner, der über ihm wohnt, filmt die Pflanzenpracht mittels einer an einer Schnur heruntergelassenen Videokamera und übergibt das Video der Polizei. Diese beschlagnahmt bei einer Hausdurchsuchung die Pflanzen, von denen sich 3 bereits kurz vor der Ernte befinden. Das Erwachen ist böse. Leider handelt es sich um Pflanzen von recht guter Qualität, die Polizei gewinnt nach Trocknung der Pflanzen rund 300 Gramm Hanf, der teilweise eine Qualität von bis zu 10 % aufweist.
Hier ist guter Rat teuer. Was das Gericht zunächst interessiert, ist die Menge des tatsächlich festgestellten Wirkstoffs. Es mag sich in der Strafzumessung auswirken, dass große Teile der Cannabispflanzen von so geringer Konzentration sind, dass ihr Konsum eher zu Übelkeit als zu einem Rauscherlebnis führen dürfte. Zunächst einmal steht aber bei Erreichen einer nicht geringen Menge die Strafandrohung des § 29 a BtMG (Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr) im Raum.
Es wurde gelegentlich geraten, sich darauf zu berufen, man habe nicht gewusst, dass Cannabisanbau strafbar sei (Verbotsirrtum). Diese Ausrede wird nur in Ausnahmefällen Erfolg haben. Die Gerichte muten jedem zu, sich bei der Polizei, den zuständigen Behörden oder gegebenenfalls beim Rechtsanwalt nach der Rechtmäßigkeit seines Tuns zu erkundigen.
Gelegentlich sind die Gerichte mit Grenzfällen konfrontiert. So argumentierte ein Betroffener, er habe im besten Glauben in einem Head-Shop Vogelfutter erworben. Die Vögel müssten das von ihm ausgestreute Futter wohl vereinzelt im Garten verstreut haben. Die wachsenden Pflanzen habe er sehr wohl gesehen, mangels botanischer Kenntnisse habe er nicht gewusst, was da heranwächst. Sollte das Gericht auf Grund der gesamten Umstände diese Darstellung ausnahmsweise für glaubhaft halten, würde es dem Betreffenden schon an dem Bewusstsein fehlen, überhaupt Hanf zu besitzen.
Man muss noch nicht einmal selbst Cannabis angebaut haben, um mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten. Wer durch gemeinsame Mietzahlung und Zimmerpflege den Cannabisanbau seines Lebensgefährten ermöglicht, bei dem kommt zumindest Beihilfe in Betracht, so zumindest das OLG Karlsruhe. Das OLG Saarbrücken sah es allerdings nicht als Beihilfe an, dass eine Frau ihrem Lebensgefährten im Garten den Anbau von Cannabispflanzen ermöglichte, da sie ohne eigenes Anbauinteresse gehandelt habe und nicht verpflichtet gewesen sei, die Bemühungen ihres Lebensgefährten zu unterbinden.
Beim Anbau von Cannabispflanzen wird sich die Höhe der Strafe unter anderem sehr stark danach orientieren, mit welcher Intensität die Pflanzenaufzucht vorgenommen wurde. Wer sich eine spezielle Beleuchtung und gegebenenfalls auch eine automatische Bewässerung einrichtet, wird erheblich schärfer bestraft, als wenn der Täter die Pflanze zwar anfangs pflegt, sich die geringe Menge THC aber im Laufe der nicht mehr vom Täter kontrollierten Wachstumsperiode entwickelt. Insbesondere dann, wenn der Täter unter keinen Umständen mit der (später festgestellten Wirkstoffmenge) rechnete oder rechnen musste, kommen Strafmilderungen in Betracht.